Farbe: hell- bis himmelblau, welche nach ''Schnorrer-Köhler'' einen isomorphen Ersatz von Cu durch Zn anzeigt.
Strichfarbe: blass grünlich blau
Glanz: Seiden-, Perlmuttglanz. Beschreibung: !!! Extrem seltener Chalkonatronit vom Bastenberg bei Ramsbeck im Sauerland
!!Vorgeschichte
Ende April 2004 waren wir im Rahmen einer Frühjahrsexkursion unserer Sammelgruppe „Die Trüffelschweine“ auf der Halde „Bastenberg“ bei Ramsbeck (BILD A1/A2). Wir sind eine bunte Gruppe und zählen mittlerweile über 25 Mitglieder aus dem gesamten Bundesgebiet, aber auch aus den Niederlanden und Belgien.
Zusammen mit meinem Freund und Nachbarn, Thomas Thieme und unserem Neumitglied Marita Fuchs fuhren wir zum Treffpunkt auf der Halde. Hier waren wir die Ersten. Insgesamt wollten wir zu viert „trüffeln“, wie wir scherzhaft unsere Tätigkeit intern bezeichnen. Im oberen letzten Drittel der Halde legten wir einen Schurf an und fanden zu unserer Freude bald etliche Stufen mit Sekundärmineralien der Ramsbeckparagenese. Hier erschien uns das Haldenmaterial recht jungfräulich und machte wohl nun erstmalig nach langer Zeit Bekanntschaft mit Spitzhacke, Schürfspaten, Hammer und Co.
Mittlerweile traf noch Steffen Brückner aus Gotha ein und beteiligte sich an der Buddelei. Das zum Vorschein kommende Haldenmaterial zeigte stellenweise einen weißen Belag, welcher in der Tiefe mehr blau- und grünstichig wurde. Es schien interessant zu werden.
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!!Zahlreiche Sekundärminerale
An den derben Erzbrocken konnten wir neben dem allgegenwärtigen Quarz unter andern Chalkopyrit, Sphalerit, Galenit, Pyrit, Markasit und Dolomit, bestätigen. Sekundärminerale fanden sich als rezente Haldenbildungen auf Schiefer: Linarit (BILD G1/G2), Cerussit, Anglesit, Posnjakit und Brochantit aber auch Malachit (Bild H1), Pyromorphit (BILD B1/B2) und Hydrozinkit (BILD E1/E2) als weisse Pusteln auf Bergkristall.
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!!Die Stiegen füllten sich
Stufen mit vorgenannten Mineralien füllten mit der Zeit die mitgebrachten Gemüsestiegen. Als erstes bedeutendes Highlight an diesem Tag gelang mir der Fund mehrerer Stufen mit einem noch nicht näher bestimmten Mineral, welcher als türkisblaue „Salmiakpastillen“ (BILD F1/F2) als rezente Haldenbildung auf Schiefer saß. Dem gesamten Erscheinungsbild nach dürfte es sich um Ramsbeckit handeln, welches jedoch noch nicht bestätigt wurde. (Vor Veröffentlichung anhand einer Belegstufe durch Herrn Dr. Weis/Lapisred. Als Ramsbeckit betätigt)
Insgesamt hatte sich der Besuch der Halde schon gelohnt. Die Fundaussichten für den Micromounter schätze ich nach erforderlichen Arbeitseinsatz als noch zufriedenstellend ein. Unser Neumitglied Marita Fuchs konnte einige Handstufen mit klaren Bergkristallen mit nach Hause nehmen. Weiter sind Handstufen derber Erze immer zu finden. Schon auf der Halde begeisterten unter der Lupe die paragenetisch mit Malachit (BILD D1/D2) oder Linarit (BILD C1/C2) überwachsenen Cerussite. Die eigentliche Überraschung der Exkursion mit nachfolgendem längeren bestimmungstechnischem Nachspiel wartete jedoch zu Hause auf mich.
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!!Überraschung zu Hause
Ich hatte mehrere Brocken im Ganzen mitgenommen, um diese zu Hause in Ruhe zu formatisieren. Diese Vorgehensweise schont eventuell vorhandene empfindliche Kristalle. So fand ich in meiner Stiege einen Brocken, welcher an einer Stelle mit einem himmelblauen Mineral besetzt war.
Ich konnte mir eine Stufe von 2 x 3 cm herauspräparieren. Der Rest des Brockens bestand leider nur aus tauben und völlig uninteressanten Material.
Unter dem Binokular zeigten sich plattig-nadelige, matthimmelblaue Kristalle, welche als radialstrahlige Aggregate auf der Stufe saßen. Die Ausbildung und die Farbe kamen mir sehr merkwürdig vor und mir wurde klar, das eine sichere, rein visuelle Bestimmung nicht möglich war.
Die Stufe bereitete mir einige Kopfschmerzen, weshalb ich meinen Freund, Vereinskollegen und Nachbarn Thomas Thieme hinzu zog. Er sammelt selbst seit frühster Jugend, ist Spezialist im Erstellen von Makroaufnahmen und hat allerlei an Bestimmungsequipment, nebst der erforderlichen Literatur, griffbereit in seinem Mineralienzimmer.
Es passte rein gar nichts zusammen. Der rein visuelle Erstbestimmungsversuch in Richtung „Serpierit“ konnten wir recht bald vergessen. Schnell war klar, das es sich nur um eine Pseudomorphose handeln konnte. Die uns zur Verfügung stehenden Literatur, als auch das Internet, war uns zu diesem Zeitpunkt keine große Hilfe. Als „interessierte und belesene Laien“, was wir „Hobbysammler“ nun einmal sind, stehen uns zu Hause eben nur die „klassischen“ Bestimmungsmethoden zur Verfügung. Aus diesem Grunde hatte ich zwischenzeitlich eine Probe mit Bitte um Bestimmung an den LAPIS-Leserservis zur Post gebracht.
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!!Analyse in der Hexenküche
Thomas führte dann in seiner Hexenküche verschiedene Verprobungen einzelner Kriställchen in einer Petrischale durch. Er stellte eine Löslichkeit in Wasser, in Ammoniak und in verdünnter Salzsäure fest, wobei die Proben sich unter Verfärbung von blau nach weiß schnell auflösten. In Wasser war eine leichte, kaum feststellbare, Blaufärbung der Lösung festzustellen.
Überaschender Weise hatten sich bei dem verdunsten der Wasserprobe in der Petrischale blaue Kristalle mit monoklin-prismatischen Habitus neu ausgebildet.
Es musste sich also um ein Salz, mutmaßlich ein Kupfersalz, handeln. Hier kam natürlich der Verdacht auf, es könnte sich um Chalkanthit handeln, weshalb er eine eindeutig bestimmte Chalkanthitprobe in Wasser auflöste. Nach dem Verdunsten zeigten sich hier aber keine Kristallneubildungen (BILD J1).
Thomas vermutete danach, daß es sich bei Betrachtung der gesamten Ausbildung um eine Pseudomorphose von einem wasserlöslichen Cu-Salz nach, wie sich erst später durch die LAPIS-Analyse herausstellte, langprismatischen Anglesit handelte. Langprismatischen Anglesit hatten wir bereits an anderen Stufen vom Fundtag bestätigen können.
Die Strichprobe ergab einen leicht blaustichigen weißen Strich, weshalb auch Vermutungen in Richtung Kröhnkit oder Melanterit-Gruppe gingen.
Eine nochmalige Verprobung in verdünnter Salzsäure zeigte eine schwache Gasentwicklung, wie unter dem Mikroskop festgestellt werden konnte. Demnach kam möglicherweise auch ein Carbonat in Frage, eventuell sogar das extrem seltene Mineral Chalkonatronit (BILD I1/I2). Sollte das wirklich wahr sein ??
Vielleicht hilft ein Geschmackstest? .. und so ging probieren über studieren. Es schmeckte, wie er bemerkte, bitter und leicht salzig, soweit man das überhaupt sicher schmecken konnte. Der Na-Anteil bei Chalkonatronit liegt ja gerade mal bei 16% und der Salzgeschmack wird darüber hinaus durch den Cu- Gehalt überdeckt.
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!!Chalkonatronit röntgendiagnostisch bestätigt
An dieser Stelle möchte ich mich ich mich bei LAPIS und Herrn Dr. Stefan Weiß für die röntgendiagnostische Bestätigung der von Thomas Thieme mit einfachen Mitteln durchgeführten Bestimmung bedanken. Zeigt dies doch, das bei systematischen Vorgehen unter Berücksichtigung des Ausschlussprinzips eine sehr enge Eingrenzung des zu bestimmenden Minerals auch mit einfachen Mitteln möglich ist. Für die Bestimmung ging erhebliches an Material verloren, so das ich nur noch eine Stufe in der Größe 1 x 2 cm besitze. So bleibt die Hoffnung, bei unseren nächsten Besuchen der Halden im Ramsbecker Erzrevier, weitere Stufen dieses Minerals zu finden.
BildVoll:1123402831.Chalkonatronit.jpg
Bildnachweis: Thomas Thieme Sammlung: Karl Albert Turk
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!!Litheraturhinweis
*Günther Schnorrer-Köhler, "Der Aufschluss" 36 (217-235) Heidelberg Juli 1985 >Ramsbeck-Bergbau, Geologie und Mineralbeschreibung (Mineralbeschreibung "Chalkonatronit" Seite 223, Abb. 29
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!!Quellangaben
*Trüffelschwein|SammlerSteckbriefe/Trüffelschwein
*Autor: Karl Albert Turk, Dr.-Deisting-Str. 20, D-58566 Kierspe
*Erstveröffentlichung: Original-Manuskript LAPIS 05/2005 Referenzen: Schnorrer-Köhler, G. - Der Aufschluss Jg. 36, H. 7, S. 227, Heidelberg (1985)
Stieglitz, B. & H. - Die Sekundärmineralien der Blei-Zinkerzlagerstätte Ramsbeck, In: Erzbergbau im Sauerland - Ramsbeck, S. 38, Haltern (1987)
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