Mineralienatlas - Fossilienatlas
Massenaussterben / (Mass) Extinction Event
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Im Laufe der erdgeschichtlichen Entwicklung kam es wiederholt zu Ereignissen, die zum Aussterben zahlreicher Arten innerhalb einer verhältnismäßig kurzen Zeitspanne führten. Gewöhnlich folgte dem Aussterben eine vermehrte Ausbreitung der überlebenden Arten, zurückzuführen auf das Ausfallen von Konkurrenten im selben Lebensraum. Unterschieden wird zwischen Faunenschnitten, in denen viele Tierarten ausstarben und Florenschnitten, in denen viele Pflanzenarten verschwanden und durch neue ersetzt wurden. Belege dieses Massenaussterbens sind die heute gefundenen Fossilien.
Der Übergang von einem geologischen Zeitalter in ein anderes wird häufig durch ein solches Aussterben zahlreicher Arten definiert.
Auch wenn Massenaussterben mit Sicherheit schon im Archaikum und Proterozoikum des Präkambrium auftraten, erlauben Fossilfunde erst für die Zeit des Phanerozoikum genauere Untersuchungen und Einordnungen.
Die nebenstehenden Grafiken zeigen zum einen die Mannigfaltigkeit der marinen Gattungen in den letzten 542 Mio. Jahren, zum anderen die prozentuale Rate der beim Übergang von einer Alterstufe zur nächsten ausgestorbenen Gattungen. Sie basieren auf der Arbeit von R.A. Rohde und R.A. Muller Cycles in fossil diversity aus dem Jahre 2005 und dem bei Nature bereitgestellten zusätzlichen Daten. Die Arbeit von Rohde und Muller wiederum verwendet die von J.A. Sepkoski in Compendium of Fossil Marine Animal Genera zusammengestellten Daten über das erste und letzte stratigraphische Erscheinen von 36380 marinen Gattungen. Die Grafiken folgen den von Rohde bei der englischen WikiPedia unter Extinction Intensity vorgestellten Grafiken.
Seit dem Kambrium, d.h. in einer Zeit von ca. 540 Mio. Jahren, wurden fünf große Massenaussterben identifiziert. Daneben gab es im Verhältnis dazu weitere kleinere Artensterben, die in kurzen Zeitspannen auftraten. Zum Ende des Kambrium, beim Übergang zum Ordovizium fand eine ganze Reihe von gehäuften Artensterben statt. Einzeln nicht so bedeutend wie die fünf großen Artensterben, kann doch die Gesamtheit ebenfalls als großes Massenaussterben bezeichnet werden. Aus diesem Grunde wurde es in die folgende Tabelle mit aufgenommen.
(zusätzlich wird das Massenaussterben am Ende des Kambrium mit aufgeführt)
Zeitraum (Ma) |
Perioden- |
Betroffene Arten |
Auswirkung |
Brachiopoden, Conodonten, Trilobiten |
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Brachiopoden, Bryozoen, Trilobiten, Conodonten, Graptolithen |
60% der marinen Arten sterben aus |
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Riffbildner Stromatoporoidea und Tabulata, Brachiopoden, Trilobiten, Ammoniten, Conodonten, kieferlose Fische (Agnatha), Panzerfische (Placodermi) |
22% der Familien, 57% der Arten sterben aus |
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fast alle marinen Arten, landlebende Pflanzen, Insekten, Wirbeltiere |
95% der marinen Arten, 53% der marinen Familien, 84% der marinen Gattungen und 70% der landlebenden Arten sterben aus |
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marine Arten, landlebende große Crurotarsi (Archosaurier), Therapsiden und große Amphibien |
20% der marinen Familien |
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Ammoniten und Belemniten (vollständig), Meeresreptilien, Dinosaurier |
50% der Arten, 25% der Familien sterben aus. |
Mit Ausnahme des Massenaussterbens beim Übergang von der Kreide zum Paläogen (früher Tertiär), bei dem mit großer Wahrscheinlichkeit davon ausgegangen wird, dass der Einschlag eines immens großen Meteoriten der Auslöser war, ist bei den anderen großen Massenaussterben nicht viel über die Ursache bekannt. Im Folgenden sollen einige mögliche Ereignisse vorgestellt werden, die als Ursachen für Massenaussterben diskutiert werden.
Impakt Computer-Grafik eines Mega-Impaktes auf der Erdoberfläche Copyright: Public Domain von http://gimp-savvy.com Copyright: Archiv: Peter Seroka (Collector); Contribution: Collector Image: 1147781434 License: Public Domain |
Impakt |
Computer-Grafik eines Mega-Impaktes auf der Erdoberfläche Copyright: Public Domain von http://gimp-savvy.com |
Archiv: Peter Seroka (Collector) |
Der Einschlag eines hinreichend großen Meteoriten oder Kometen könnte zu großen Flutwellen oder globalen Waldbränden geführt haben. Zusätzlich könnte der durch den Einschlag in die Atmosphäre geschleuderte Staub oder durch die Waldbrände entstandene Rußpartikel dazu geführt haben, dass das Sonnenlicht in hohen Schichten derart gefiltert oder absorbiert wurde, dass die Temperaturen auf der Erde merklich zurückgingen. Man spricht hier auch von einem nuklearen Winter. Meteoriteneinschläge können auch der Auslöser für weitere Phänomene gewesen sein, z.B. Einsetzen von extremem Vulkanismus.
Effusiv Pu'u O'o-Krater, Kilauea, Hawaii; Foto: J.D.Griggs (1984) Copyright: USGS Public Domain; Contribution: Collector Image: 1147858829 License: Usage for Mineralienatlas project only |
Effusiv |
Pu'u O'o-Krater, Kilauea, Hawaii; Foto: J.D.Griggs (1984) |
USGS Public Domain |
Starke, schnell stattfindende Klimawechsel werden ebenfalls als Gründe für Massenaussterben angesehen.
Starker Vulkanismus könnte innerhalb kurzer Zeit zum Ausfluss von Millionen km3 Lava geführt haben. Dadurch bedingt könnte die ausgeworfene Asche, wie bei der Meteoritentheorie, zur Verdunklung der Erde und damit zu einem nuklearen Winter geführt haben. Andererseits könnten die freigesetzten Gase zu einer Vergiftung der Atmosphäre und letztlich durch niederschlagsbedingte Auswaschung zu einer Vergiftung der Meere geführt haben. Ebenso sind Treibhauseffekte möglich.
Ein Gammastrahlenblitz, z.B. verursacht durch die Entstehung eines schwarzen Loches innerhalb der Milchstraße, könnte genügend Energie liefern, die Ozonschicht der Erde zu zerstören. Der fehlende Schutz vor harter UV-Strahlung könnte darauf zu großen Artensterben geführt haben. Neue Forschungen aus dem Jahre 2006 (Stanek et al) legen aber nahe, dass ein solcher Gammastrahlenblitz innerhalb einer metallreichen Galaxie wie der Milchstraße nicht möglich ist.
Plattentektonik Plattentektonische Aktivität der Erde Copyright: NASA; Contribution: Stefan Image: 1203718831 License: Public Domain |
Plattentektonik |
Plattentektonische Aktivität der Erde |
NASA |
Bedingt durch die Kontinentaldrift besteht die Möglichkeit, dass die Öffnung bzw. Abschließung von Meeren oder Landbrücken zur Isolation von Arten bzw. dem Kontakt von bisher getrennten Arten geführt hat und damit das Ökosystem z.B. durch erhöhten Konkurrenzdruck ausschlaggebend verändert wurde. Diese Ursache wird vor allen für das Massenaussterben zum Ende des Perm diskutiert.
Durch unterschiedliche Ursachen könnten große Mengen am Meeresboden gefrorenen Methanhydrats freigesetzt worden sein, was dann zum Einsetzen eines Treibhauseffektes geführt haben könnte.
Zum Ende des Kambrium traten eine Reihe von größeren Massenaussterben auf. Davon betroffen waren viele Brachiopoden und Conodonten. Dazu kam es zu einer erheblichen Reduktion der Trilobitenarten. Es bedeutet das Ende des Kambrium und den Beginn des Ordovizium.
Als mögliche Ursachen werden eine starke Abkühlung des Erdklimas oder die Erschöpfung des Sauerstoffs innerhalb der Meere angesehen.
Das Ordovizium endete mit einer Reihe größerer Artensterben, die gemeinsam das erste große Massenaussterben der Erdgeschichte bildeten. Diesem fielen ca. 60% aller im Meer lebenden Arten zum Opfer. Betroffen waren viele Brachiopoden- und Bryozoenarten. Ebenso verschwanden Arten von Trilobiten, Conodonten und Graptolithen.
Als Ursache wird eine einsetzende Eiszeit angesehen, die das für das Ordovizium typische milde Treibhausklima beendete. Dieses führte dazu, dass sich auf dem Superkontinent Gondwana eine mächtige Eisdecke bildete, die große Wassermengen band. In eingeschobenen Warmzeiten wurde dieses Wasser wieder freigesetzt. Eine stetige Veränderung des Meeresspiegels und der Wechsel der Lebensbedingungen für viele Arten war die Folge, welches letztlich zu deren Aussterben führte.
Zu Beginn des Famennium, der letzten Alterstufe des Devon, kam es zu einer ersten Welle von Artensterben. Die kieferlosen Fische (Agnatha) verschwanden von der Erde. Die zweite große Welle trat am Ende des Devon auf. Es ist nicht gesichert, ob es sich dabei um wenige große Ereignisse oder mehrere kleinere Wellen gehandelt hat. Neueste Forschungen gehen von einer Dauer von ca. 3 Mio. Jahren aus.
Vom Aussterben waren vor allem marine Lebewesen betroffen, mehr die in warmem Wasser lebenden, als die des Kaltwassers. Stark betroffen waren die devonischen Riffbildner Stromatoporoidea und Tabulata. Ebenso Brachiopoden, Trilobiten, Ammoniten, Conodonten und die Panzerfische (Placodermi). Insgesamt starben 22% der Familien und 57% der Arten aus.
Als Ursachen werden unterschiedliche Theorien vorgeschlagen. Dieses sind zum einen ein massiver Meteoriteneinschlag, die Abschwächung des warmen Treibhausklimas durch Umwandlung des Treibhausgases CO2 durch die Photosynthese der Landpflanzen und der damit verbundenen Abkühlung des milden devonischen Klimas, oder eine Periode globaler Abkühlung mit großflächigen Vereisungen.
An der Grenze vom Perm zur Trias fand das bisher größte Massenaussterben der Erdgeschichte statt. Dabei starben 95% der marinen Arten, 53% der marinen Familien und 84% der marinen Gattungen aus. Auf dem Lande führte das Massenaussterben zum Verschwinden von 70% der Arten. Betroffen waren davon sowohl Pflanzen, Insekten als auch Wirbeltiere.
Eine einzelne Ursache für dieses immense Massenaussterben zu finden kann nicht einfach sein. Als mögliche Ursachen gelten plattentektonische Effekte, ein großer Meteoriteneinschlag, extremer Vulkanismus oder auch ein Gammastrahlenblitz. Weiter kommt das Freisetzen großer Mengen am Meeresboden gefrorenen Methanhydrats in Frage, was zum Einsetzen eines Treibhauseffektes führte. Die im Jahre 2006 veröffentlichte Entdeckung eines riesigen Einschlagkraters in der Antarktis, der in die entsprechende Zeit datiert wird, stärkt die Theorie, dass ein Meteoriteneinschlag die auslösende Ursache war. Dieser Einschlag könnte starke Vulkantätigkeit mit den damit verbundenen Folgen in Gang gesetzt haben.
Der Übergang von der Trias zum Jura ist durch ein weiteres großes Massenaussterben gekennzeichnet. Dabei starben 20% der marinen Familien aus. An Land waren alle großen Crurotarsi (Archosaurier), die Therapsiden und viele der großen Amphibien betroffen.
Die Ursache für das Massenaussterben ist nicht hinreichend geklärt. Zwar existieren verschiedene Theorien, doch letztlich fehlen schlüssige Beweise für die einzelnen Theorien. Als möglich gelten ein allmählicher Klimawechsel oder Meeresspiegelschwankungen zum Ende der Trias, ein Meteoriteneinschlag, dem bisher aber kein Krater eindeutig zugeordnet werden kann. Ebenso wird massiver Vulkanismus, verbunden mit dem Freisetzen großer Mengen Kohlendioxyd bzw. Schwefeldioxyd angeführt. Dieses hätte zu einer globalen Erwärmung bzw. Abkühlung führen können. Wie bei fast allen großen Massenaussterben wäre auch hier das Freisetzen großer Mengen Methanhydrats als Ursache möglich.
An der Grenze von der Kreide zum Paläogen (bekannter ist in diesem Zusammenhang die früher verwendete Einteilung Tertiär) fand das letzte große Massenaussterben der Erdgeschichte statt. Entgegen den anderen großen Massenaussterben gilt die Ursache als gesichert. Es wird angenommen, dass ein großer Meteoriteneinschlag zum Aussterben von 50% der Arten und 25% der Familien auf der Erde geführt hat. Als Belege wird eine weltweit aufgefundene dünne, Iridium-haltige Schicht, ein Grenzton an der Kreide/Paläogen-Grenze, angeführt. Als Ursache werden zwei Ereignisse erörtert: Der Einschlag eines Meteoriten (KT-Impakt; übersetzt etwa Kreide-Tertiär-Einschlag) nahe der Halbinsel Yucatán (Chicxulub-Krater) und der kontinentale Ausbruch eines Plume in der Dekkan-Trapp in Vorderindien.
Am stärksten betroffen waren die marinen Lebewesen. Ammoniten und Belemniten starben zum Ende der Kreide vollständig aus. Ebenso alle Meeresreptilien, ausgenommen Schildkröten und Krokodile. Während die Flora an Land nur geringe Verluste hinzunehmen hatte, waren die Dinosaurier die bekanntesten Lebewesen, die dem Massenaussterben zum Opfer fielen.
Der Chicxulub-Krater (nach dem Dorf Chicxulub, von Mayathan Ch’ik Xulub) ist ein 66 Millionen Jahre alter Einschlagkrater mit ca. 180 km Durchmesser im Untergrund im Norden der Halbinsel Yucatán in Mittelamerika (Mexiko). Da er unter mächtigen Sedimentgesteinen begraben und nicht erodiert ist, zählt er zu den besterhaltenen großen Einschlagkratern der Erde. Im Zusammenhang mit der Kreide-Paläogen-Grenze wird er mit dem Aussterben der Dinosaurier und eines großen Teils der mesozoischen Tier- und Pflanzenwelt während des Übergangs zum Paläogen in Verbindung gebracht.
Das Konzept des Aussterbens ist eine der Stützen der Paläontologie, welche zusammen mit dem Erdalter ( 4,5 Mrd. Jahre) und der Plattentektonik die drei fundamentalen Säulen der Geologie bilden. Eine der bisherigen Theorien, als Kataklysmen- oder Katastrophentheorie (griech Kataklysmos = Überschwemmung, Sintflut) (von Cuvier entwickelt), wurde durch das Prinzip des Aktualismus verdrängt. Diese Katastrophentheorie beruhte auf dem Gedanken, daß die Lebewelt mehrmals durch Katastrophen vernichtet wurde und an ihre Stelle eine neue trat, die von außen her zuwanderte oder völlig neu geschaffen wurde. Der Aktualismus (lat. = Wirklichkeit), eine grundlegende Arbeitsmethode und Forschungsprinzip der Geologie beruht auf der Vorstellung, daß im Gegensatz zum Exzeptionalismus (d.h. die Ausnahme, daß in früheren Epochen der Erdgeschichte Kräfte wirksam waren, die sich von den heutigen unterscheiden) die Kräfte und Vorgänge der geologischen Gegenwart der Schlüssel zum Verständnis erdgeschichtlicher Vorgänge und Bildungen der Vergangenheit sind. Diese aktualistische Auffassung berücksichtigt jedoch, auch solche Vorgänge zu begreifen, die früher anders abgelaufen sind als jetzt.
Referenzen: Henningsen, D., 2009; Aktualismus in den Geowissenschaften – Die Gegenwart als Schlüssel zur Vergangenheit. In: Naturwissenschaftliche Rundschau. Band 62, Nr. 5,ISSN 0028-1050, S. 229–232
s.a. > Geologisches Portrait/Grenzton : https://www.mineralienatlas.de/lexikon/index.php/Grenzton